"Was nun, wenn Frauen plötzlich gar nicht mehr da wären"

Frauenbilder und ihre Ideologie

 

Frauen nehmen im Tourismus eine wichtige Rolle ein, bleiben aber meist im Hintergrund. Dies beruht auf der charakteristischen Zuordnung von 'draussen' und 'drinnen': Einerseits einen Betrieb (Haushalt, Hotel) aufrechtzuerhalten, fürs 'drinnen' nicht nur zuständig zu sein, sondern wesentlicher Bestandteil davon zu werden; andererseits vom Nutzen der geleisteten Dienste weitgehend ausgeschlossen zu sein.

Tourismus beruht auf der patriarchalen Rollenverteilung zwischen Frauen und Männern, wobei der Part bestimmt ist, welcher den Frauen und welcher den Männern zugewiesen, bzw. in der Praxis von Frauen und Männern eingenommen wird.

Frauen werden auf ihre "traditionellen" Rollen hin festgeschrieben, gleichzeitig werden ihnen neue wirtschaftliche Perspektiven und Karrieremöglichkeiten versprochen.

Tourismusjournalist J. Seydoux schreibt denn auch: "Im Gegensatz zu anderen, eher maskulinen wirtschaftlichen Aktivitäten, ist der Tourismus per definition der weiblichen Natur näher. Mütterliche Fürsorge, weibliche Gastfreundschaft, ein herzliches Lächeln zum Empfang..."

Hintergrund ist das Bild der Frau als ideologisches Produkt der westlichen, bürgerlichen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts: Frau, in der Funktion der dienenden Häuslichkeit, die den Männern die modernen, karriereträchtigen Branchen reservieren und ihnen den Weg zum alleinigen Geldverdiener zu ebnen hatte. Pflege von Haushalt und Innerfamiliäres wurde zur Frauensache, wobei familienwirtschaftliche Ökonomien weitgehend von dieser bürgerlichen Idealvorstellung ausgeklammert blieben. Im ökonomisch/sozialen Zusammenhang werden gewisse häusliche Dienstleistungen wie Waschen, Reinigen, Bewirten etc. ausgelagert und als Dienstbotenbereich wiederum den Frauen für allfällige Erwerbsarbeit empfohlen. 'Dienstmädchen' war in der Schweiz im 19. Jahrhundert der häufigste Frauenberuf. Was im häuslichen Rahmen selbstverständlich gratis zu leisten ist, wird im ausserhäuslichen Bereich mit entsprechend niedrigem Verdienst abgegolten.

Dies wirft ein Schlaglicht auf den Arbeitsbegriff, auf das, was im Dienstleistungsbereich als Arbeit gewertet, respektive bezahlt wird.

Wenn sich heute der Tourismus als global tätiger Dienstleistungsbereich besonders Frauen empfiehlt, geschieht dies gleich im Weltmassstab unter Berufung auf traditionelle westliche Ideologiemuster.

Die Geschichte des Tourismus ist schon immer eine männlich gedachte: Erholungssuche für den Stressgeplagten aus den Industrieländern durch die (möglichst billige) "weibliche Fürsorge".

"Ohne die Vorstellung von Männlichkeit und Weiblichkeit (...) in den Ausgangsländern wie in den Zieldestinationen wäre es unmöglich, die Tourismusindustrie und ihre politische Bedeutung in dieser Form aufrecht zu erhalten" (Cynthia Enloe)

Auszüge aus der Einleitung zu:

"Herrliche Aussichten"

von Christine Plüss 

Ursula für Radio LoRa, ZH, Schweiz

Danke an: Nicole, Dani und Christoph